Freitag, 9. Juni 2017

Studie: Sexuelle Gewalt geht meist von Gleichaltrigen aus

Die Schule: Für 23,5 der Jugendlichen ein Risikoort, was sexuelle Übergriffe betrifft. Musterschule Frankfurt am Main. Foto: Gerbil, Wikimedia Commons, Lizenz CC BY-SA 3.0
Die sexuelle Verwahrlosung der Jugend erreicht immer bedrohlichere Ausmaße. Die „Speak-Studie“ bringt erschütternde Fakten zutage: Die sexuelle Gewalt geht meist von Gleichaltrigen aus.

Die Vorstellung, sexuelle Übergriff auf Teenager kämen mehrheitlich von Erwachsene, ist nicht mehr aktuell. Das Risiko kommt aus derselben Altersgruppe.

Erschütternd ist ebenso, dass 23,5 Prozent die Schule als Risikoort angeben. Für 48,5 sind allgemeine öffentliche Räume wie Straßen riskant, 43,8 Prozent geben andere Wohnungen oder Party an.

16,2 Prozent der sexualisierten Gewalt wird von Mitschülern ausgeübt.

Das Ergab die Studie mit mehr als 2700 Teilnehmern aus Hessen, die von den Universitäten Gießen und Marburg durchgeführt wurde. Die Studie wurde von den Erziehungswissenschaftlern Prof. Dr. Sabine Maschke und Prof. Dr. Ludwig Stecher geleitet.

Der hohe Konsum von Pornographie würde die Einstellungen der Jugendlichen zur Sexualität ändern, so die Studie. 42 Prozent der männlichen Jugendlichen würden mindestens einmal in der Woche solche Filme anschauen, für die eigentlich ein Mindestalter von 18 Jahren gelte.

Die sexuelle Belästigung kann viele Formen annehmen: Konfrontation mit pornographischen Bildern, die Veröffentlichung intimer Aufnahmen, sexuelle Beschimpfungen bis hin zu Handgreiflichkeiten.

Alle Übergriffe hinterlassen Spuren, auch die „gemäßigteren“: Betroffene gehen nur widerwillig in die Schule, sie fühlten sich in ihren Familien unwohl, hätten ein schlechteres Bild von sich selbst.

Einige Zahlen aus der Studie geben das Ausmaß der sexuellen Enthemmung und des sexualisierten Alltags Jugendlicher wider:


* Über die Hälfte der Befragten (52%) hat bereits mindestens eine Form sexualisierter Gewalt – nicht-körperliche oder körperliche sexualisierte Gewalt erlebt.
* Fast die Hälfte aller befragten Jugendlichen (48%) – und damit fast jede/jeder zweite Jugendliche – hat bislang mindestens eine Erfahrung mit nicht-körperlichen Formen sexualisierter Gewalt gemacht. Der größte Teil hat zwei und mehrere Formen erlebt und dies zu einem überwiegenden Teil mehrfach.
* Fast ein Viertel (23%) der befragten Jugendlichen – fast jede/r vierte Jugendliche – hat bislang mindestens einmal im Leben körperliche sexualisierte Gewalt erlebt. Der größte Teil davon wurde mit zwei und mehreren Formen konfrontiert und hat solche Erfahrungen mehrere Male gemacht.
* 19% der befragten Jugendlichen haben nicht-körperliche und körperliche Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht (beides zusammen).
* Über zwei Drittel (70%) aller befragten Jugendlichen haben sexualisierte Gewalt mindestens einmal beobachtet.
* Ein gutes Drittel (38%) hat von sexualisierter Gewalt gehört.
* Gut ein Viertel (28%) der befragten Jugendlichen gibt an, mindestens einmal selbst etwas getan zu haben, das mit sexualisierter Gewalt zu tun hat (Aggressoren).
* 81 Prozent haben irgendeine Erfahrung mit sexualisierter Gewalt gemacht, das heißt sind entweder direkt von sexualisierter Gewalt Betroffene, haben diese beobachtet, davon gehört oder selbst eine Tat begangen. 77% der Jungen haben irgendeine Erfahrung mit sexualisierter Gewalt gemacht und 86% der Mädchen. Zwischen 14 und 17 Jahren nimmt der Anteil der Jugendlichen signifikant zu, die irgendeine Erfahrung mit sexualisierter Gewalt gemacht haben.
* 19% = haben keinerlei Erfahrung mit sexualisierter Gewalt.