Dienstag, 26. Juli 2016

Feminismus fürchtet kulturelle Hegemonie der Lebensrechtler

Mathias von Gersdorff

Das Bündnis „Sexuelle Selbstbestimmung“ hat sich am Wochenende 8./9. Juli 2016 getroffen, um die Aktionen gegen den Marsch für das Leben“, welches am 17. September 2016 in Berlin stattfindet, zu planen und zu organisieren.

Damit dokumentieren die Abtreibungsaktivisten, welche Bedeutung sie dem Marsch und den deutschen Lebensrechtlern zu messen: „Die Diskussion über das Recht auf Schwangerschaftsabbruch wird seit einiger Zeit von konservativen bis rechtsradikalen Kräften besetzt.“ Bzw.: „In Deutschland ist in den letzten Jahren der Druck seitens Lobbygruppen und Parteien gestiegen, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch einzuschränken.“

Abtreibungsaktivisten konstatieren seit Jahren eine zunehmende Hegemonie der Lebensrechtler in der Öffentlichkeit über das Thema Abtreibung und Lebensrecht in Deutschland:

•    Im Buch „§ 218 – feministische Perspektiven auf die Abtreibungsdebatten“ schildert Katja Krolzik-Mattei, wie die Abtreibungsaktivisten zunehmend in Apathie und Perspektivlosigkeit verfallen.
•    Im selben Buch wird festgestellt, dass den Lebensrechtlern die „Deutungshoheit über die Abtreibung in der öffentlichen Debatte überlassen worden ist“. Dies wirke sich inzwischen auf die Jugend aus, die sich „zunehmend an traditionellen Werten orientiert“.
•    Im Buch „Deutschland treibt sich ab“ beklagt die Abtreibungslobby, dass SOS LEBEN besonders aktiv ist: „Besonders aktiv auf dem Feld ist die Aktion SOS LEBEN der DVCK, […] Die DVCK ist auch auf europäischer Ebene aktiv.“
•    Kirsten Achtelik, eine ultralinke Journalistin, schreibt im Buch „Selbstbestimmte Norm“: „Die Abtreibungsgegner*innen sind keine marginale Gruppe. Sie verfügen über eigene Medien und Verlage, betreiben Lobbyarbeit …“

Für manche mag das erstaunlich klingen, ist es aber nicht: Seit etlichen Jahren ist die Präsenz der Lebensrechtler in der öffentlichen Debatte rund um das Thema Abtreibung und Lebensrecht stärker als die der Abtreibungsaktivisten.

Diese Debatte besitzt heute sicherlich nicht die Intensität früherer Zeiten wie etwa Anfang der 1990, als der Paragraph 218 im Zuge der Wiedervereinigung neu im Bundestag verhandelt werden musste. Doch sie findet in ruhigerer Form statt und in diesem Szenario gelingt es den Lebensrechtlern besser ihre Anhänger zu mobilisieren.

Die Tatsache, dass die Lebensrechtler die Hegemonie in der Debatte um das Lebensrecht haben, wird von Abtreibungsaktivisten als äußerst bedrohlich empfunden: „Es ist deshalb an der Zeit, diesen reaktionären Kräften entgegenzutreten und ihren zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Einfluss zu stoppen“ erklärt das Bündnis „sexuelle Selbstbestimmung“ in ihrer jüngsten Resolution.

Entsprechend des Konzepts der marxistischen Kulturrevolution des Theoretikers Antonio Gramsci, ist es wichtiger, die kulturelle Hegemonie zu gewinnen, als ein parlamentarischer Kampf. Denn die Politik und damit die Gesetze sind Folge der kulturellen Änderungen, so Gramscis Konzept. Sollten also die Lebensrechtler zunehmend und langfristig das Thema in der öffentlichen Diskussion bestimmen, so wird die Gesetzgebung früher oder später restriktiver werden so die Befürchtung der Abtreibungslobby.

Um ihre Basis zu mobilisieren bzw. zu erweitern, wollen die Abtreibungsaktivisten nun versuchen, die Streichung des § 218 StGB zu erreichen. Das Unterfangen dürfte aufgrund der recht deutlichen Urteile des Bundesverfassungsgerichts nahezu unmöglich sein. Dennoch rechnen sie wohl, dadurch wieder eigene Impulse der Debatte über das Lebensrecht zu geben.

Gegenwärtig treten Abtreibungsaktivisten nur dann in Erscheinung, wenn sie Demonstrationen der Lebensrechtler stören oder gar blockieren wollen.

Am 17. September 2016 werden sich die linken Chaoten aber wohl aufteilen müssen, denn auch gegen TTIP und CETA wird zu Großdemonstrationen in sieben deutschen Städten aufgerufen.